Gedanken über den Tod

Heute vor sechs Jahren saß ich ein paar Meter von hier entfernt und wartete ab, so wie ich heute auch abwarte, aber es hat sich dennoch viel verändert. Während ich vor drei Jahren den Tränen nahe und am Ende war, weil ich nicht wusste, wie das Leben weiter gehen würde, sitze ich hier und warte in meiner eigenen Stille auf den Moment.

Damals war ich kurz davor, diese Welt für immer zu verlassen, damals war ich bereit unter allem dem einen Schlußstrich zu ziehen. Heute blicke ich zurück und weiß,  nie wieder mag ich diesen Zustand zurück. Heute bin ich nicht mehr suizidal. Heute stehen ganz andere Dinge im Vordergrund. Nach fast 22 Jahren Leben, fange ich an zu leben. Das Exisistieren geht langsam dem Ende zu. Der Phönix aus der Asche. Er weiß, er muss erst sterben um wieder leben zu können. Ich weiß nicht, wie oft ich in der Vergangenheit gestorben bin. Nein gestorben bin ich nicht. Jedoch hat oftmals nicht viel gefehlt, aber das konnte er sich nicht leisten, sein Spielzeug umzubringen. Nein, das konnte er sich nicht leisten, auch wenn er damit gedroht hat und Spielchen damit getrieben hat. An manchen Tagen denke ich einfach, dass er es hätte tun sollen.
Aber ich weiß auch, dass es wohl einen Grund haben muss, warum ich noch lebe.
Wie oft ich diese Angst hatte zu sterben. Sie hat mich alles machen lassen, gehorsam dem Willen Folge geleistet, ein liebes und braves Kind gewesen, eine abgerichtete Hure im Jugendalter.
Er hatte mich komplett im Griff. Jedoch hat sich das Blatt gewendet, als ich anfing, sterben zu wollen. Ich wollte, dass es ein Ende bekommt. Seine Macht war weg, seine Kraft war auf einmal weg. Ich sehnte mich nach dem Tod. Ich hatte keine Angst mehr vor dem Sterben, vor dem Todsein. Ich weiß, wie ich regelrecht Bücher darüber suchte, regelrecht mich Abends in den Schlaf brachte, indem ich mir vorstellte, dass ich schon längt in dieser Welt gestorben wäre.
2007 war ich am Ende, im März 2008 war ich bereit, für immer zu gehen. Für mich war schon ein Wochenende ausgesucht, ich hatte alles durchgeplant. Doch ich habe es nie ausgeführt. Ich schob das Datum nach hinten raus, irgendwer hier drinnen wollte es versuchen, versuchen weiterzuleben und zu existieren. Monate später, saß ich dann auf der Mauer, mit baumelnden Beinen, ein klitzekleiner Rutsch nach vorne und ich wäre von dieser Welt gegangen.
Damals kamen Leute gerade den Weg hoch. Vielleicht haben sie mir ein wenig das Leben gerettet, aber damals war mir klar, dass ich wirklich bis zum Ende gehen würde.
Etwas, was vielleicht auch sehr wichtig war, zu wissen, ich kann wirklich selbst bestimmen, wann ich sterbe. Weder vor dem Tod, noch vor dem Sterben hatte ich Angst.

Heute im Jahr 2011 kann ich sagen, dass ich auch heute keine Angst vor dem Sterben und dem Tod habe, aber dass ich mir das Recht nicht nehmen kann, selbst zu bestimmen, wann ich sterbe, oder wie. Nein, ich habe ihn und seine Taten überlebt. Schrecklicher kann ein Leben gar nicht werden. Er hat mir alles zerstört, was er zerstören kann. Er hat meine Seele zerstört, meinem Körper alles genommen, was ging. Er hat mich gedemütigt, fotografiert, gefilmt, konditioniert... für seine Wünsche, für seine Machtdemonstrationen, seine Spielchen. Für ihn und wohl vielen anderen Menschen auf dieser Welt.

Aber eines hat er nicht geschafft. Er hat mich nicht umgebracht und auch ich werde das nicht tun.
(17.01.2011)

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